Ein Gastbeitrag unseres Netzwerkpartners Jens Thasler, in dem er seine Vision einer Klinik beschreibt, die für alle Sinne gestaltet ist und so die Genesung unterstützt.
Es ist ein Zusammenspiel aller Elemente der Wahrnehmung, welche wir hier betrachten wollen. Der erste Eindruck beim Betreten eines Krankenhauses umfasst objektive, aber auch ganz subjektive Empfindungen. Wir wechseln die Perspektive und begleiten eine Patientin in den ersten Stunden ihres Klinikaufenthaltes:
Die Geschichte, wie ich mein Krankenhaus kennengelernt habe.
„Was kommt auf mich zu?”
Ich möchte mich orientieren und verstehe die Struktur auch ohne Informations- und Orientierungssystem, ich werde empfangen in einen wohl geformten Raum und von freundlichem Service Personal. Im Empfangsbereich scheint die Sonne und es riecht gut nach Blüten und Kaffee. Mein Gang ist sanft und ich spüre klar und deutlich die Freundlichkeit mir gegenüber. Ruhige, fast stille Gespräche und das Plätschern eines Baches füllen die Atmosphäre der Empfangshalle. Wartende und sich Unterhaltende, auch Neugierige treffen hier aufeinander und nun bin ich auch ganz neu hier.
Meine Angst legt sich in dieser schönen Atmosphäre. Im Willkommens- und Aufnahmegespräch mit einem freundlichen jungen Mann fühle ich mich geschützt und wertgeschätzt. Dann werde ich persönlich von ihm in die richtige Station des Hauses begleitet. Während wir gemeinsam durch viele Flure, Raumabschnitte und über verschiedene Ebenen und Etagen gehen, zeigt und erklärt mir mein Begleiter sowohl die Stationen, das Café, den Meditations- und Gebetsraum als auch die Speiserestaurants.
„Wie viel es zu entdecken gibt!”
Es fallen mir dabei schöne Plätze, Höfe und auch Wege mit unterschiedlichen natürlichen Materialien sowie Farb- und Lichtspielen auf. Auch der Geruch wechselt immer wieder. Mal duftet es sehr angenehm nach frischem Holz, Stroh oder Kräutern.
Auf den Höfen ist es taghell, es scheint wohl die Sonne. Hier sehe ich immer wieder Ansammlungen von Patienten und Personal, die sich durch ihre Kleidung unterscheiden. Es gibt auch Gänge, da ist es frisch wie draußen. Angekommen in einem kleinen Besprechungsbereich, setzen wir uns gemeinsam mit meiner Stationsärztin in eine gemütliche Sitzrunde.
Hier riecht es nach Leder und ein runder, farbiger Teppich mit Tierzeichen, Sonne und Mond liegt zu unseren Füßen. Das Licht ist ebenso gedimmt und warm wie diese Loge. Mein Begleiter berichtet kurz und stellt mich vor, dabei reicht mir die Ärztin ein Erfrischungsgetränk. Ich habe das Gefühl, dass ich in einem stillen Raum sitze, obwohl dieser ganz offen ist und so fällt mir auch das Sprechen über meine Schmerzen, Leiden und Ängste leichter, nach denen mich die Ärztin gezielt befragt.
Zum Ende unseres Gespräches überreicht mir mein junger Begleiter seine Visitenkarte. Er wird nun für alle meine persönlichen Belange während meiner Behandlungen für mich da sein.
„Wie zugewandt hier alle sind.”
Danach geleitet mich die Ärztin zur Stationsschwester und ich werde auf mein Zimmer geführt. Auch hier spüre ich Aufmerksamkeit und guten Umgang, die Zimmer sind meist offen und erstrahlen in einer Farbenpracht. Es ist nicht wie zu Hause oder wie im Hotel und trotzdem kommt in mir ein Wohlgefühl auf.
Ich weiß, dass ich etwa 5 – 10 Tage hier verbringen werden. Meine große Angst, als Patientin Nummer XY einer gefühllosen Maschinerie ausgeliefert zu sein, ist mir genommen.
Zu allererst sind es die Menschen, wie sie mir begegnet sind: das Service-Personal als auch Schwestern, Pfleger und Ärzte. Beim Bezug des Zimmers haben sie mir die technischen Möglichkeiten beim Bedienen der Sonnenlicht-Heizung über meinem Bett als auch die anderen Medien zur Kommunikation erklärt. Meine Bedien- und Schaltstellen sind übersichtlich und schön gestaltet. Ich weiß, wie diese funktionieren, es ist einfach.
„Hier ist Raum für mich.”
Mehrere Betten und Mitpatienten finde ich vor, doch jeder hat sein kleines Reich. Ich kann mich also auch zurückziehen und allein für mich sein. Ich bin begeistert, wie einfach die Individualzonen zu öffnen sind. Hier bin ich aufgehoben, hier kann ich sicher sein und mich in die Hände der Fachleute begeben. Es entsteht schnell ein Vertrauen, das mich beruhig den bevorstehenden Behandlungen entgegensehen lässt.
Als ich mich dann eingerichtet und mit meinen Mitbewohnern bekannt gemacht habe, gehe ich zur Ruhe in mein Bett. Also wie ein Krankenbett wirkt dies nicht. Ich habe eine hohe Rückenlehne mit eingebauten Nachtstrahlern und Lautsprechern und schöne Bettwäsche auch echte Federkissen und feines Bettzeug. Die Lüftung und das Sonnenlicht-Segel über meinem Bett kann ich ganz persönlich auf meine Stimmung und auf mein Wärmebedürfnis einstellen.
Ich fühle mich wohl in meiner ersten Nacht hier und denke über vieles nach. Wie bin ich hier angekommen und wie ergeht es mir jetzt? Oh, das hätte ich fast ganz vergessen: Ich will gleich noch meinem Liebsten Bescheid geben, wie gut ich mich hier fühle. Mein Mobiltelefon steckt in der Rückwandtasche zum Laden und ich schreibe lieber vom hauseigenen Tablet eine Nachricht, dass es mir wohl ergeht und ich morgen anrufen werde.
Ganz gelassen und langsam gleite ich in die Nacht und schöne Bilder ziehen an mir noch einmal vorbei:
Der junge Mann, wie freundlich und ruhig der war.
Die Halle, in die ich kam und der Duft, das angenehme Licht und sofort wusste ich, wohin ich mich wenden kann.
Die Kreuzungen und Plätze, die wir überquerten; an einem stand ein großer Baum mit duftenden Blüten, ein Lindenbaum?
Auf dem anderen Platz, wo die vielen Leute saßen und redeten, war ein Springbrunnen, den werde ich morgen aufsuchen.
Der fast eiskalte Gang führte über einen Hof und am Ende kam dann der Platz mit der Plakatsäule und den Informationen zu den Veranstaltungen und der Wochenspeisekarte. Da war es sehr sonnig und warm.
Auch wie mich die Ärztin empfangen hat, so nett, und trotzdem hat sie gleich ihre Fragen gestellt.
Mein Tagesablauf für morgen steckt hier gleich in meiner Seitentasche. Den lese ich gleich morgen früh.
Erstaunlich ist, dass ich kaum Geräusche meiner Mitbewohner höre, das finde ich gut.
Am nächsten Morgen erwacht unsere Patientin durch ein feines Lichtschwellen und eine sanfte Melodie. Ihr erster Krankenhaustag beginnt und sie ist guter Dinge und zuversichtlich.
Nach fünf Tagen schon kann sie das Krankenhaus verlassen und verabschiedet sich nach Hause.
Viele Tage, ja Wochen reflektiert sie was mit ihr passiert ist, während dieses Krankenhausaufenthaltes. Nicht nur, dass sie sich wirklich wohl gefühlt hat und ihre Wunden so schnell geheilt sind, es war noch etwas ganz Besonderes.
Wir helfen unserer Patientin und unternehmen den Versuch, eine Erklärung für den beschleunigten Heilungsprozess zu finden.
Zum einen (dies hat unsere Patientin schon erläutert) waren es die guten zwischenmenschlichen Emotionen, die es ihr leicht gemacht haben: Fast spielerisch und persönlich authentisch wurde sie in das Gebäudeensemble und dessen Funktionsbereiche durch ihren Begleiter eingeführt. Das Verhalten der Ärztin und der Stationsschwester haben dazu beigetragen, dass sie sich wohlgefühlt hat. Ich bezeichne diese Faktoren als die Software des zwischenmenschlichen Wohlgefühls.
Nun zum anderen – zur Hardware:
Waren es das Sonnenlicht und die angenehme Gestaltung der Empfangshalle, deren Klarheit und einfache Struktur, Ursache für das positive Willkommensgefühl unserer Patientin waren.
Licht-, Material- und Farbgestaltung sowie Akustik und Taktiles, Geruch und tradierte Erfahrungswerte aus der Natur spielen hier die „Musik des Raumes“. Symboliken können durch wirkliche Natur-Elemente, wie Pflanzen, Bäume, Bachläufe und Bergmassive etc., geschaffen werden, diese können jedoch auch gestalterisch mittels abstrahierter Formen, Farben und Materialien grafisch, plastisch ersetzt werden. Wir alle kennen dieses faszinierende Beispiel eines großen Aquariums mit strömenden Pflanzen und schwimmenden Fischen im Background eines Empfangstresen. In der gestalterischen Umsetzung wäre dies ebenso eine große Projektionsfläche – Bildwand mit strömenden Farben und sich langsam bewegenden, ungegenständlichen Formen und auch abstrahierte Töne des Meeres.
Die Raumakustik wird bestimmt durch die Fußböden, Wände und Decken. Hier gereicht es schon, schallschluckende Materialien geschickt zum Einsatz zu bringen.
Der Fußboden jedoch hat weitere Funktionen. Er übernimmt den Trittschall, dämmt die Schrittgeräusche. Dieses seltene Erlebnis, auf einer weichen Wiese zu gehen, führt zu dem Gefühl, dass man am liebsten die Schuhe auszuziehen will; ein absolutes Vertrauensgefühl.
Für alle Sinne gestalten
Meistens sind es visuelle Aspekte der Gestaltung, die zur Anwendung gelangen. Nicht zu unterschätzen sind jedoch die sinnlichen Wahrnehmungen im taktilen und olfaktorischen Bereich.
Wurden bereits vorher die Geräusche am Fußboden beschrieben, geht es im Raum ebenso um die Wahrnehmung von Oberflächen, die Berührung von Gegenständen wie Möbeln und Einbauten als auch um Erfahrungswerte des Menschen im Zusammenhang mit Wandstrukturen und Materialwerten. So können grobgeputzte Wände und Stein- bzw. Fliesenbelag als kalt und abweisend empfunden werden.
Die Akustik eines Raumes wird durch alle Elemente des Innenausbaus bestimmt. Hier geht es um die Ausstattung der verschiedenen Räume durch deren Klang. Eine besondere Rolle spielt dabei die Verwendung von Raumtextilien. Gewebte, gewirkte, gestrickte und gelegte Textilien besitzen aus ihrer Geschichte heraus und tragen erheblich zum Wohlgefühl bei. Dies begründet auch die hervorzuhebende Bedeutung bei der Raumgestaltung.
Die olfaktorische Wahrnehmung, also die des Geruchssinnes, unterschätzen wir oft, doch ich meine, dass diese der visuellen, der haptischen und auch der akustischen in der Wahrnehmungspsychologie gleich kommt in ihrer Bedeutung. Dies auf einen Raum bezogen heißt ganz einfach: wenn es übel riecht, der Raum geradezu stinkt, werde ich diesen Raum nur unter großen Widerständen betreten. Hier geht es darum, durch natürliche Materialien vertraute Gerüche zu schaffen.
Die Lichtgestaltung ist wohl das Zünglein an der Waage.
Sie ist deshalb so herausfordernd bezüglich der Planung, da die Wirkung des natürlichen und künstlichen Lichtes immer etwas mit Urerfahrungen des Menschen in der Natur zu tun hat. Dafür ist vertieftes Wissen von Lichttechnik und deren Wirkungen von Nöten.
Eine effiziente und energetisch nachhaltige Beleuchtungsgestaltung braucht gute fachliche Kenntnisse und Erfahrungen aund spezielles Wissen um die effizienten Möglichkeiten der Anwendung
Licht, Farbe und Materialien im Zusammenhang und der Unternehmung förderlich eingesetzt, bilden ein psychodynamisches Kraftfeld, welches bei professioneller Innenarchitektur-Planung ganz stark wirksam auf den Heilungsprozess in Krankenhäusern wirken kann.
Der Einsatz schadstofffreier Materialien gehört zur konsequenten Gestaltung.
Zum Schluss geht es naturgemäß darum, welche Stoffe der Baugewerke und des Innenaubaus wir am Ort der Heilung verwenden. Im Speziellen sollen bei Krankenhausbauten ausschließlich gesunde Baumaterialien eingesetzt werden. Dieses Thema möchte ich demnächst in einem weiteren Beitrag aufgreifen. Bis dieser erscheint, beantworte ich Ihre Fragen dazu gerne persönlich.