Gut gestaltete Patientenzimmer unterstützen den Heilungsprozess. Deshalb zahlen sich Investitionen in die Raumgestaltung aus – für die Patienten und für die Klinik. Ob für Neubau oder Station im Bestand: in den folgenden Abschnitten finden Sie wirksame Maßnahmen für die Verbesserung des Raumgefühls im Krankenhaus.
Räume helfen heilen.
„Bauliche Strukturen, die an die Patientenperspektive und die medizinischen Erfordernisse der Intensivmedizin angepasst sind, können den Heilungsprozess auf Intensivstationen maßgeblich beeinflussen“, sagt Maria Deja. Die Leiterin der operativen Intensivmedizin am Campus Benjamin Franklin der Charité in Berlin ist sich sicher, dass sich durch eine sog. „Healing Environment“ Stressoren deutlich reduzieren. Der Begriff geht auf Florence Nightingale zurück und beschreibt eine physische und organisatorische Kultur, die Patienten und Familien unterstützt die Belastungen durch Krankheit, Krankenhausaufenthalt, den Prozess der Heilung und manchmal der Trauer zu bewältigen. In Bezugnahme auf Healing Environments entwickelte sich in den 1980ziger Jahren in der Architektur von Gesundheitsbauten der planerische Ansatz der „Healing Architekture“.
„Der Begriff ,Healing Architecture’ zielt auf den Zusammenhang zwischen Architektur und Gesundheit im Allgemeinen sowie Heilungsprozesse im Besonderen und im weiteren Sinn auf Prävention von Erkrankungen durch geeignete Gestaltung interner und externer Räume ab. Das Ich erlebt den Raum als fördernd oder hemmend für die Gesundheit. Gezielt angepasste Architektur bewirkt nachweisbar eine Reduktion von Morbidität, Mortalität, Krankenhausaufenthalten , Medikationsfehlern und eine größere Zufriedenheit von Patienten und Betreuern.“ (Norberg-Schulz 1987)
Das wurde 2013 von Lauerer bestätigt:
„Wissenschaftler sind sich einig, dass auch das Umfeld den Heilungsprozess positiv beeinflusst. Weltweit existieren dazu etwa tausend Studien. Sie belegen, dass die Patienten, deren Heilung in einer angenehmen Krankenhausumgebung erfolgt, weniger Medikamente benötigen. Zudem sinkt deren Blutdruck, die Herzfrequenz verringert sich, die Patienten erleben weniger Stress.“
Stimmen Helligkeit, Raumtemperatur und Laustärke sowie Farben und Materialien, führt dies nachweislich zu einer deutlich geringeren Verweildauer der Patienten. Was dazu führt, das sich Investition für solche Bedingungen sich nicht „nur“ in Patientenzufriedenheit ausdrücken, sondern auch in harter Währung.
Patientenzimmer im Hotelzimmerstil – der Weisheit letzter Schluss?
Es hat lange gedauert, bis sich Erkenntnis durchgesetzt hat, dass Investitionen in „Healing Architecture“ lohnen. Heute aber heute wird das Thema immer häufiger bei Krankenhaus-Neubauten berücksichtigt. Leider sind nur wenige Architekten mit dem Thema vertraut. Diese verfolgen derzeit vor allem einen Ansatz: das Patientenzimmer wird wie ein Hotelzimmer zu gestaltet. Nachdem man erkannt hat, dass es viele Parallelen zwischen dem Service im Hotel und den Anforderungen im Krankenhaus gibt, ist man zunächst dazu übergegangen, die Angebote und den Dienstleistungsgedanken der Hotellerie in die Krankenhäuser zu übertragen.
Die Schlussfolgerung: Wenn es beim Service so viele positive Parallelen gibt, dann gilt das doch bestimmt auch für andere Bereiche, wie zum Beispiel die Gestaltung der Räumlichkeiten.
Das bringt Verbesserungen: Die Zimmer werden wohnlicher. Es gibt neben einem Tisch mit Stühlen noch eine kleine Couch-Sitzecke, wo man sich zum Beispiel mit Besuchern zurückziehen kann. Die farbliche Abstimmung und Materialität wirkt deutlich angenehmer als das kalte Weiß und die billigen Kunstdrucke aus dem Internet, die immer noch in einigen Klinken zu finden sind. Diese Entwicklungen sind gut und richtig. Sie gehen jedoch nicht weit genug.
Ein Hotel ist nicht automatisch eine „Healing Environment“.
In einem Hotel muss man nicht gesund werden (Außer man hat sich im Skiurlaub eine dicke Erkältung zugezogen). Und im Hotel ist man in der aller Regel hauptsächlich zum Schlafen. Oder können Sie sich vorstellen, dass Sie 24/7 im Hotelzimmer bzw. sogar im Hotelbett verbringen, wie Sie es im Krankenhaus müssten?
Wie sieht die ideale „Healing Environment“ also aus?
Die optimale „Healing Environment“ ist für die meisten Menschen das eigene Zuhause. Hier kennt der Patient sich aus und er hat es sich nach seinem Geschmack eingerichtet.
Nun ist es leider nicht möglich, dass jeder Patient seine Möbel mitbringt und die Räume neu tapeziert. Zwangsläufig müssen die Zimmer so eingerichtet werden, dass sie eine Wohlfühlatmosphäre für alle möglichen Vorlieben, Geschmäcker und Stile schaffen. Mit weißen Wänden und Drucken berühmter Künstler kann man zumindest, bei einem relativ großen Teil der Bevölkerung vielleicht nicht Begeisterung, aber immerhin Akzeptanz erreichen. Es gibt jedoch mehr, das Sie tun können. Und das muss oftmals nicht viel kosten.
Maßnahmen, die den Wohlfühlfaktor im Patientenzimmer steigern:
Neben dem persönlichen Geschmack gibt es noch andere Faktoren, die den Wohlfühlfaktor steigern und es dem Zuhause ähnlicher machen. Grundsätzlich sind die Wünsche, die die Menschen an ein Krankenhaus haben, nämlich gleich. Sie wünschen sich:
- Die Möglichkeit zur Individualisierung
- Die Wahrung ihrer Intimsphäre
- Kommunikation auf Augenhöhe
- Rücksichtnahme auf Ängste und den Abbau derselben
- Kurze Wartezeiten
Um diesen Wünschen entgegenzukommen, können Sie folgendes tun:
1. Individualisierung ermöglichen
Kann der Patient selbst seine Umgebung beeinflussen, hat das eine direkte und deutliche Wirkung auf sein Wohlfühlgefühl, denn er macht den Raum zu seinem Raum. Es ist psychologisch bestätigt, dass bereits kleine Handlungen dazu führen können, sich Eigentum anzueignen. Und wenn der Patient sich etwas „zu eigen“ gemacht hat, fühlt er sich ein Stück mehr „wie zuhause“, also deutlich wohler. Dazu bedarf es oft nicht viel:
- Eine kleine Tafel am Kleiderschrank, auf die der Patient eigenhändig seinem Namen schreibt.
- Die Steuerung von Lichtfarbe, Lichthelligkeit, Zimmertemperatur oder der Fensterverdunklung durch den Patient, der damit das Raumklima nimmt und seinen Bedürfnisse anpasst.
- Ein Wendebild mit Ölgemälde im Goldrahmen einerseits und einem modernen Landschaftsfoto, beispielsweise von National Geographic, in einem schlichten Rahmen andererseits, lassen den Raum sofort anders erscheinen. (Wenn man es nicht schafft, jeden Geschmack der Patienten abzudecken, so kann man ihm doch verschiedene Optionen zur Auswahl stellen.)
- Natürlich, es ist logistisch aktuell nicht vorgesehen, aber warum muss die Bettwäsche im Krankenhaus immer weiß sein? Eine Wendebettwäsche mit 2 verschiedenen Designs ermöglicht dem Patienten, sich seinen Stil auszuwählen.
- Besonders auf Kinderstationen oder in Kinderkliniken kann man Möbel integrieren, die die Kinder individualisieren können, z.B. durch die Auswahl 3 verschiedener Dekorelemente am Kopfteil des Bettes, die man leicht auswechseln kann.
2. Intimsphäre waren
Patienten befinden sich im Krankenhaus in einer verletzlichen Situation, die von Ängsten geprägt ist. Es gehört nach wie vor zum Standard, dass der Patient sich im Untersuchungszimmer vor dem Behandelnden auszieht und zusätzlich die Tür dreimal auf geht, weil noch etwas geholt oder gebracht werden muss. Der Patient ist in dieser intimen Situation vollkommen ausgeliefert. Ein (mobiler) hübscher Sichtschutz zwischen Tür und Patientenliege hat hier bereits einen großen Effekt, ohne das medizinische Personal zu behindern.
3. Kommunikation auf Augenhöhe ermöglichen
Zum Glück ein immer selteneres Bild: Der Arzt versteckt sich hinter einem großen Schreibtisch. Am besten in einem pompösen Drehstuhl und mit einem Regal voller geballtem Wissen im Rücken. Der Patient davor sitzt auf einem einfachen Stuhl. Diese Raumsituation schließt eine Kommunikation auf Augenhöhe schon von vorneherein aus. Im Optimalfall gibt es stattdessen neben dem Schreibtisch, noch eine gemütliche Sitzecke, die ein geborgenes Gefühlt vermittelt, insbesondere für schwierige Gespräche zwischen Arzt und Patient.
4. Ängste nehmen
Zur Reduktion von Ängsten gibt es in der Krankenhausgestaltung viele Möglichkeiten, besonders bei der Entwicklung von Neubauten. Doch auch auf bestehenden Stationen gibt es gestalterische Möglichkeiten, die eine beruhigende Wirkung auf die Patienten haben und sich positiv auf das Wohlbefinden auswirken.
Eine gute Orientierung in Zeit und Raum schafft Sicherheit und unterstützt die Delirprophylaxe:
- Wichtig (und leider noch kein Standard) sind vom Bett aus sichtbare Uhren.
- Unterschiedlich gestaltete Ebenen und Abteilungen erleichtern die Orientierung im Haus
Die Gestaltung von Decken und Wänden verdient ein besonderes Augenmerk:
- Eine bespielte Decke über den Patientenbetten wirkt stresslindernd und angstlösend. Besonders Bilder oder Muster, die an die Natur angelehnt sind (z.B. der Blick durch einen Baum in den Himmel), haben einen großen Effekt (Bayrischer Rundfunk 2014). Werden die Muster noch animiert, also verändern sie sich langsam, steigert das die Wirkung weiter.
- Ruhige Farben in flächigem Einsatz haben nachweislich einen messbaren Effekt auf das Gemüt der Patienten.
Studien besagen, das Patienten in einem Zimmer mit viel Tageslicht weniger Stress empfinden und eine geringere Medikation benötigen (Maeck 2013). So können Tageslichtlampen mit bis zu 20.000 Lux zum Einsatz kommen, die in etwa die Lichteinwirkung an einem bewölkten Tag entsprechen.
Auch die Lichtfarbe lässt sich gezielt einsetzen:
- Kaltes Licht wirkt sich günstig auf Verwirrtheit bei Demenz aus.
- Rötliches Licht hat eine beruhigende Wirkung auf hyperaktive Kinder.
5. Gefühlte Wartezeiten verkürzen
Das Problem „Wartezeit“ ist bekanntermaßen ein Schlüssel bei der Patientenzufriedenheit. Es wird viel versucht, durch die Optimierung von Abläufen und Prozessen die Wartezeit effektiv zu verkürzen. Das ist auch richtigerweise der erste Schritt. Darüber hinaus ist es zusätzlich möglich, die „gefühlte Wartezeit“ mit einfachen Mitteln zu reduzieren. So ist die Einschätzung der Wartezeitdauer in einem grünen Raum nachweislich kürzer als in einem roten. Bei diesem Gedanken bleibt es unverständlich, dass die Deckengestaltung auch bei modernen Hotel-Patientenzimmern, rein weiß oder zumindest einfarbig gestrichen werden. Ist dieser Bereich aus Patientensicht, doch die Stelle, die sich in seinem direkten Blickfeld befindet. Durch Musterungen der Decke, in denen sich der Patient verlieren kann, vergeht die Zeit im Bett schneller. Es muss aber noch nicht mal der Maler bemüht werden: Segel an der Decke oder auch mobile Lösungen, bieten dem Patienten etwas Abwechslung.
Fazit:
Wer es ernst meint mit der „Healing Environment,“ der sollte nicht einfach auf Hotels schielen und von denen abkupfern. Auch wenn es der erste Schritt in die richtige Richtung weg von weißen, langweiligen Krankenhauszimmern ist, gibt es noch viel Potenzial, das nicht länger ungenutzt brach liegen sollte.